Das Abenteuer Island beginnt – erstes Date mit dem Hochland
Wir kommen früher als geplant in Seyðisfjörður auf Island an. Gegen 08:30 Uhr verlassen wir die Fähre und an der Hafenausfahrt hat sich bereits der Zoll in Stellung gebracht. Jedes Fahrzeug wird kurz angehalten. Wir werden nach geplanter Aufenthaltsdauer gefragt und bekommen einen Aufkleber für die Frontscheibe, auf dem der Einreisetag vermerkt ist. Und das war die Zollkontrolle, keinen Ausweis zeigen, keine Frage nach Alkohol oder Lebensmitteln. Wir haben uns im Vorfeld schon ein paar Gedanken gemacht, weil die zulässige Menge an mitzuführenden Lebensmitteln sehr gering ist. Reisende dürfen maximal 3 kg (oder im Wert von 18.500 ISK = ca. 145 Euro) Lebensmittel einführen. Strenggenommen gehören auch Getränke dazu. Hier überschreiten wir vermutlich etwas die zulässige Menge. Es ist auch schwer einen genauen Überblick zu behalten, wenn man schon länger unterwegs ist. An die maximal zulässige Alkoholmenge haben wir uns penibel gehalten. Man sollte auch beachten welche Lebensmittel man einführen darf und welche nicht. Die Seite vom Zoll Island (tollur.is) gibt dort eine gute Übersicht.
Nachdem wir den Hafen in Seyðisfjörður verlassen haben, fahren wir in die nächstgrößere Stadt Egilsstaðir (ca. 2.300 Einwohner). Dort wollen wir unsere Vorräte etwas auffüllen. Die Läden sind alle total überfüllt und einige Lebensmittel sind bereits ausverkauft. Dies ist wohl der Normalzustand, wenn eine Fähre ankommt. Der Einkauf war, im Vergleich zu einem deutschen Supermarkt, etwa doppelt so teuer.
Als das dann endlich erledigt ist, starten wir ins Hochland. Wie der Name schon sagt, geht es erstmal hoch. Wir fahren eine sehr schöne Passstraße (910) hinauf, von 0 auf etwa 400 m. Der Anstieg ist relativ steil und wir fahren mit Vollgas nur 30 km/h. Hinter uns entsteht eine Schlange aus Defendern, ein sehr hübsches Bild. Die 910 ist asphaltiert und führt relativ weit in das Hochland hinein. Als der asphaltierte Teil endet und die F910 beginnt, steigt unsere Vorfreude auf das bevorstehende Abenteuer. Auch das Verkehrsschild mit dem Hinweis „4×4 only“ trägt dazu bei. Das Erste was wir tun, ist den Luftdruck von 4,6 Bar auf 3,6 Bar zu senken. Hautsächlich um den Fahrkomfort zu erhöhen, weshalb auch die mit Luftdruck gefederten Sitze fixiert werden müssen, weil wir ansonsten permanent in den Gurt gedrückt werden.
Es gibt keinen festen Plan, wie weit wir an diesem Tag fahren wollen. Lediglich Askja ist als Ziel gesetzt. Wir machen viele Pausen, um Bilder von der tollen Landschaft und den Fahrzeugen zu machen und beraten uns mit Marco und Josi, welche Wege wir fahren wollen. Wir sind uns einig, dass wir möglichst die weniger befahrenen Straßen nutzen. Man darf jedoch nicht vergessen, dass Askja ein sehr bekanntes und gut besuchtes Ziel im Hochland ist und auch von den beeindruckend aussehenden Hochlandbussen angefahren wird.
Die Fahrbahn ist hier noch relativ gut und erinnert eher an schlechtere Feldwege, die man auch mit 2WD und entsprechender Bodenfreiheit passieren könnte. Auch die kleinen Wasserdurchfahrten sehen aus wie Pfützen. Ein bisschen enttäuscht sind wir schon, weil wir dachten, dass es gleich so richtig losgeht. Wir werden allerdings durch die grandiose Landschaft entschädigt. Ähnlich wie sich die Landschaft ändert, ändert sich auch das Wetter. In einem Moment scheint die Sonne und ganz plötzlich hagelt es sehr stark. Und dann folgt darauf wieder ein strahlender Himmel mit tollen Regenbögen.
Am Nachmittag stehen wir dann vor unserer ersten größeren Furt. Auf der anderen Seite warten bereits bekannte Gesichter (@vaderthevan), die mit einem Allrad T5 unterwegs sind. Das Wasser ist etwas tiefer, aber der Untergrund ist steinig und somit besteht keine Gefahr stecken zu bleiben. Wenn man die Durchquerung nicht direkt anfährt, sondern einen kleinen Bogen macht, ist die Durchfahrt auch nur noch halb so tief. Es ist zu beachten, dass nicht immer der kürzeste Weg der beste ist. Häufig ist es so, dass der Fluss an der breitesten Stelle am flachsten ist. So haben wir endlich unsere erste richtige Furt durchquert. Auch der Anspruch der Strecke steigt langsam an und wir sind ganz froh Allrad zu haben.
Wir fahren noch ein wenig weiter und machen an einem kleinen Parkplatz, der sogar mit einer sehenswerten Toilette ausgestattet ist, eine kurze Pause. Die Felsen und der reißende Fluss wirken so unwirklich, dass wir uns nicht wundern würden, wenn uns hier ein Dinosaurier über den Weg läuft. Auch @vaderthevan kommt hier vorbei und wir tauschen uns wieder ein wenig aus.
Die Strecke geht gut weiter. Die Fahrbahn lässt sich gut befahren und wir können die Landschaft genießen. Immer wieder sehen wir in der Ferne den größten Gletscher Islands, den Vatnajökull. Bald wird die Strecke zu einer Wellblechpiste, übersät mit Schlaglöchern und lässt uns etwas hüpfen. Nach etwa 8 Stunden Fahrt erreichen wir die Dreki Hütte in der Nähe von Askja. Ein sehr schönes Camp mitten im Nirgendwo. Etwas überrascht sind wir über die Kosten von mehr als 30 Euro für eine Nacht. Aber freies Stehen ist in dieser Region leider nicht möglich (und nicht erlaubt). Ebenfalls ist es nicht möglich Müll zu entsorgen, wie fast im gesamten Hochland und es gibt auch nur begrenzt warmes Wasser.
Wir werden von einer sympathischen Rangerin begrüßt und über das Verhalten und die Regeln im Hochland aufgeklärt. Sie gibt uns Kartenmaterial an die Hand und wir sprechen mit ihr unseren weiteren Weg ab. Wir erklären ihr, dass wir gerne etwas anspruchsvollere Passagen fahren möchten und sehen uns die Hochlandstraße Gæsavatnaleið auf der Karte an. Sie erklärt und, dass die Route schwer aber mit unseren Fahrzeugen machbar ist. Es gibt zwei Möglichkeiten diesen Track zu befahren. Einen trockenen Weg zwischen Felswänden, der gerade so für einen Defender breit genug ist. Dieser kommt für uns nicht in Frage. D.h. wir müssen den anderen Weg durchs Wasser wählen. Auf dem Bild: Gæsavatnaleið Kartenausschnitt ist der von uns gefahrene Track mit einem grünen Pfeil markiert, die für uns zu schmale Alternative ist rot. Von einem anderen Ranger erfahren wir später, dass sie diesen Bereich Flóð landi (Überflutetes Land) nennen. Wir einigen uns diesen Weg zu fahren. Es ist die höchste Hochlandroute die nur selten befahren werden kann. Viel mehr Informationen finden wir zu diesem Track nicht.
Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg und fahren die nur wenige Kilometer lange F894 bis nach Askja. Im Nachgang betrachtet hätten wir den Weg vom Dreki-Camp auch gut wandern können. Der Wanderweg ist sehr schön und etwas anspruchsvoller, durch lockeren und steinigen Untergrund. Einen Teil des Weges wandern wir dann von Askja in Richtung Dreki-Camp und genießen die Aussicht. Gegen Mittag verlassen wir diese Sehenswürdigkeit und sind erstaunt wie viele Menschen uns entgegenkommen, die zum größten Teil mit den Hochlandbussen angereist sind.
Es geht die F894 zurück nach Askja und dann die F910 Richtung Süden weiter. Dort machen wir ein paar kleine Abstecher zu einem frischen Lava Feld und einem schönen, einsam gelegenen Wasserfall. Der Weg dorthin führt über feinen, grauschwarzen Lavastaub, der sich sehr gut fährt, wenn man schnell genug ist. Beim Anhalten merken wir, wie fein der Sand wirklich ist, allerdings ist dies für Peppi kein Problem.
Immer noch auf der F910 passieren ein Hinweisschild welches erklärt, dass man nur mit einem großen Geländewagen und genügen Sprit im Tank weiterfahren sollte. Die Vorfreude steigt, das Abenteuer kann beginnen. Die Strecke führt durch und über scharfkantiges Lavagestein. Wir behalten die Reifen genau im Auge. Einmal nicht aufgepasst und man könnte sich die Reifenflanke aufschneiden. Jetzt liegt die Abbiegung vor uns auf den von der Rangerin empfohlenen Track. Leider ist es mittlerweile schon gegen 18:00 Uhr und sie hat empfohlen den Abschnitt vormittags zu fahren. Wir wollen es natürlich trotzdem versuchen. Hintergrund ist, dass über Tag der Schmelzwasserstrom durch die Sonneneinstrahlung zunimmt. Hier ein kurzer Videoausschnitt vom Fahren auf dem überfluteten Land.
Die ganze Passage ist etwa 15 km lang. Es ist ziemlich aufregend, wie man vielleicht an unserer Unterhaltung erkennen kann. Aber als wir auf den Gedanken kommen, dass es doch nicht so eine gute Idee ist, die Passage am Abend zu befahren, sind wir schon mittendrin. Nachdem irgendwann die Trackmarkierungen verschwinden, fahren wir nur noch nach Kartenmaterial. Es gibt auch keine Spuren mehr, weil alles unter Wasser steht und das Land sich stetig ändert. Ein verstecktes Loch wird Marco und Josi zum Verhängnis und sie stehen bis zum Tank im Wasser. Marco lässt für mehr Traktion Luft ab und wir versuchen vergebens den Sand im 2 Grad kalten Wasser weg zuschaufeln, aber die Strömung treibt wieder neuen Sand davor. Auch der Wasserstand ändert sich permanent und Regen setzt langsam ein. Glücklicherweise sind wir mit zwei Fahrzeugen unterwegs und wir können ihn relativ unspektakulär wieder rausziehen. Leider hat in dem Moment der Kamera-Akku aufgegeben.
Nach der Befreiung sind wir aber immer noch nicht durch und zurück wollen wir jetzt auch nicht mehr. Marco erblickt mit Fernglas eine Wegmarkierung. Wir müssen um dorthin zu gelangen einen ca. 200 m breiten Schmelzwasserstrom queren, den wir mehrfach zu Fuß ablaufen, um den optimalen Weg zu finden. Die Tiefe variiert von 10 cm bis zu 100 cm. Der Untergrund ist sandig und stellenweise matschig. Wir fahren nacheinander mit verhältnismäßig hoher Geschwindigkeit durch den Wasserlauf, damit wir die Trägheit bewegter Massen zu unseren Gunsten ausnutzen können. Auf sicheren Untergrund angekommen, feiern wir diesen Moment und ziehen uns trockene Sachen an. Die nächsten Kilometer fahren wir über ausgetrocknetes Gelände. Hier läuft auch der alternative Track, für den wir zu breit sind, mit unserem Track zusammen.
Auf die wasserreiche Passage folgen die Steine, es geht den Vulkan Urðarháls hinauf. Es ist ein Schildvulkan der während der Kältezeit komplett von Eis umschlossen war. Seine Oberfläche ist im Vergleich zu nacheiszeitlichen Vulkanen ziemlich glatt, dadurch ist es möglich ihn mit dem Fahrzeug zu erklimmen. Wir kriechen Meter für Meter über lose Felsbrocken. Gelegentlich rutschen die Steine unter den Rädern weg, was für beängstigende Schräglagen sorgt. Aber wir sind erstaunt über das Klettervermögen unseres kleinen VW-MAN, da der Anstieg selbst zu Fuß eine Herausforderung ist. Gegen 22:00 Uhr ist die Luft bei uns raus. Wir entscheiden uns dazu auf dem Vulkan, etwa 10 km vor der Rettungshütte Kistufell, zu übernachten. Am nächsten Morgen geht es früh weiter. Wir fahren direkt am Vulkankrater entlang, nur leider ist es sehr bewölkt. Auf Luftbildern lassen sich die Ausmaße dieses Vulkans gut erkennen.